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  • Franzi

Hoffnung oder Illusion? – Grenzen zwischenmenschlicher „Liebe“

Hoffnung – Ein starkes, ermutigendes Wort. Ein Versprechen. Eine Aussicht, dass nicht alles aus ist; dass es noch Licht im Dunkel und Aussicht auf Veränderung gibt.


Wenn wir das Wort „Hoffnung“ im Bedeutungswörterbuch des Duden nachschlagen, lesen wir darunter: Vertrauen in die Zukunft; eine Erwartung, dass etwas Gewünschtes geschieht. Ein Synonym für „Hoffnung“ ist demnach beispielsweise „Aussicht“. Im Gegensatz dazu verstehen wir unter „Illusion“ eine Einbildung, Täuschung, eine falsche Hoffnung.


Wann ist Hoffnung möglicherweise „falsch“ in diesem Sinne? Und wann ist sie richtig oder berechtigt? Diese Fragen stellte ich mir vor einigen Jahren, als ich mich in einer schier ausweglosen Situation in meiner damaligen Beziehung befand. Den Unterschied zwischen Hoffnung und Illusion zu verstehen, war für mich ein Schlüssel, um aus meinem Labyrinth herauszukommen.


Auch durfte ich ein neues Verständnis von Liebe lernen, die – zusammen mit der Hoffnung und dem Glauben – ja ein bekanntes Dreiergespann bildet:


„Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht niemals. ... Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Größte aber von diesen ist die Liebe.“ (1.Korinther 13, 7-13)


Von welcher „Liebe“ schreibt Paulus hier? Welche Liebe meint er, wenn er sagt, dass diese Liebe alles erträgt, alles hofft, alles erduldet? Paulus verwendet für „Liebe“ das Wort „Agape“, welches die göttliche Liebe beschreibt. Es ist die Liebe, die wir von Gott erfahren durch Jesus Christus – eine Liebe, die alles hingibt und opfert (siehe Wuppertaler Studienbibel, 1. Korinther 12 Rn.31b).


Wichtig zu verstehen ist, dass uns die Bibel hier nicht etwa auffordert, in der partnerschaftlichen Beziehung alles zu ertragen und alles zu erdulden. Das wird oft missverstanden. Nur die göttliche Liebe liebt grenzenlos, bedingungslos. Es ist schön, wenn wir Ansätze dieser Liebe auch in zwischenmenschlichen Beziehungen – beiderseits – erfahren. Das Wort Gottes darf aber nicht dazu benutzt werden, um lieblose oder nur einseitig liebevolle Beziehungen zu rechtfertigen oder krampfhaft erhalten zu wollen.


Vielmehr braucht es in der zwischenmenschlichen Beziehung gesunde Grenzen und auch Bedingungen. Wenn meine Gesundheit, Existenz oder gar mein Leben auf dem Spiel stehen, dann ist das keine „Beziehung“, in der ich einseitig eine grenzen- und bedingungslose „Liebe“ leben sollte. Das erklärt sich eigentlich schon vor dem Hintergrund der Logik. Und auch das Wesen Gottes verbietet es, sich derart schlechten und selbstgefährdenden Situationen auszusetzen.


Gott ist Liebe (1. Johannes 4, 8). Sein ganzes Wesen ist durch und durch Liebe. Es ist sein Anliegen, dass wir uns selbst und andere liebevoll behandeln. Deshalb beantwortet Jesus die Frage nach dem wichtigsten Gebot auch so: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Markus 12, 31). Das heißt, dass wir zuerst uns selbst in Liebe begegnen sollen. Mit anderen Worten: Wir sollen unseren gottgegebenen Wert erkennen und so leben, dass wir uns nicht selbst schaden.


„Du bist wertvoll!“ Diesen Ausspruch las ich in diesen schweren Zeiten auf einer kleinen Postkarte. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ja, in Gottes Augen bin ich wertvoll! Er hat mich wunderbar gemacht (siehe Psalm 139)! Deshalb darf ich mich nicht schlecht und wertlos

behandeln lassen.


Doch die Beziehung beenden? Quasi „aufgeben“? Nach jahrelanger Paartherapie und vergeblichem Hoffen habe ich für mich erkannt, dass dies die beste und auch einzige Option ist,überhaupt weiter zu leben. Inzwischen war ich mehrfach ernsthaft erkrankt, ohne dass es einen klinischen Befund gegeben hätte.


Dennoch bin ich innerlich zunächst in Konflikt gekommen mit der Liebe, die alles hofft. Sollte ich nicht hoffen, dass Gott alles zum Guten verändern würde? Leider hat da aber auch Gott seine „Grenzen“. Er kann einen Menschen nicht gegen dessen Willen verändern – nicht mal zum Positiven. Er hat uns nicht als Marionetten geschaffen, sondern als selbstständige Wesen mit eigenem Willen und Verstand. Deshalb darf die partnerschaftliche „Liebe“ nicht alles hoffen. Sie kann es rein logisch gar nicht. Alles hoffen und bedingungslos lieben kann nur die göttliche Liebe. Die partnerschaftliche Liebe sollte stets Bedingungen und Grenzen haben. Warum? Weil wir das für unsere Gesundheit brauchen. Schließlich wäre es keine Selbstliebe, wenn wir zuließen, dass eine andere Person unser Leben, unsere Existenz, unser Sein zerstört, weil wir weder Grenzen noch Bedingungen haben.


Es gibt Beziehungskonstellationen, in denen ein Teil wiederholt verspricht, sich zu ändern. Das Versprechen kann sich beziehen auf die Aufgabe und Überwindung einer Sucht, das Ablassen von wiederholtem Ehebruch oder das Einstellen von Beleidigungen und Kränkungen. Zu hoffen, dass sich dieses Versprechen erfüllt, ist nur dann berechtigt, wenn sofort Verbesserungen sichtbar werden und diese auch anhalten. Mit anderen Worten: Es dürfen nicht nur Zukunftsaussagen getroffen werden, sondern in der Gegenwart muss eine Veränderung sichtbar sein. Sonst handelt es sich um leere Versprechen, auf die wir niemals hoffen sollen. Denn dann ist es keine Hoffnung – wir können nicht mehr erwarten, dass das Gewünschte passiert. Vielmehr handelt es sich um eine Illusion, da wir uns täuschen

lassen und uns nur einbilden, das Gewünschte würde passieren.


Zusammenfassend ist also entscheidend, worauf wir unsere Hoffnung gründen. Nur Gott wird uns nicht enttäuschen und verdient, dass wir unsere ganze Hoffnung auf ihn setzen. Sobald ein Mensch in unser „Hoffnungsgeflecht“ tritt, können wir nicht mehr alles hoffen und alles ertragen. Dann sollten wir immer vor Augen haben, dass Gott Liebe ist und er möchte, dass wir uns auch selbst lieben. Das ist ein guter Maßstab, um in zwischenmenschlichen Beziehungen die richtigen Grenzen zu setzen, auf dass wir nicht in Illusion, sondern in Hoffnung leben!


Franzi


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