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  • Micha

Hoffnung kann lachen



„Um lachen zu können, musst du fähig sein, deinen Schmerz zu nehmen und damit zu spielen“

- Charlie Chaplin


Ich drückte die Türklinke nach unten und hörte einen Faden reißen. Ich öffnete die Tür und sah gerade noch einen Stapel Bücher vom Regal fallen. Er knallte auf eine improvisierte Wippe, die daraufhin eine Blumenvase quer durch den Raum und aus dem Fenster segeln ließ. Kurz war es still. Dann schoss ein brennender Pfeil am Vorhang vorbei und nagelte einen Apfel an die Wand. Die Flammen des Pfeiles verbrannten einen Faden, an dem ein Luftballon festgebunden war. Dieser stieg empor und löste eine Lichtschranke aus. Ein Laserstrahl brachte ihn zum platzen und ein Regen von Konfetti ergoss sich über den Raum. Die Leiche des kaputten Luftballons fiel zu Boden und löste eine Reihe Dominosteine aus, die wiederum zehn Mausefallen dazu brachte, löffelweise Tomatensoße auf mich zu feuern.

Zehn Löffel, zehn Treffer. Die Mausefallenkatapulte waren so ausgerichtet, dass sie mit penibler Präzision meinen Pulli hinrichteten. Ich schaute an mir herab. Ganze Arbeit. Aus der Ecke des Raumes hörte ich ein Klicken und nahm ich einen Blitz wahr. Der Koala saß mit seiner Kamera dort.

„Aber der Pulli ist frisch gewaschen!“, schrie ich ungläubig.

„Keine Ahnung. Ich wusste nur, dass du heute deinen Weißen angezogen hast“, sagte der Koala.

Ich war sprachlos. Die Stille in der Luft verwandelte sich in eisern angespannte Kälte, die kurz davor war, Zeuge einer Ladung meines geballten Zorn zu werden. Meine Augen verengten sich. Meine Venen am Hals traten hervor. Meine Lungen pumpten sich mit Luft auf und entfesselten einen Wutausbruch:

„Sag mal, tickst du noch ganz richtig?!“ Schrie ich, wodurch das Huhn über mir vor Schreck ein Ei legte.

„Und wo kommt jetzt plötzlich auch noch das Huhn her?“ ich erwartete keine Antwort.

„Was um Himmels Willen soll Petra dazu sagen?“

„Frag mich doch selbst“, ich drehte mich um und meine ausgedachte Freundin stand hinter mir. Verlegen grinste ich sie an. Mit beiden Händen versuchte ich, die Flecken zu bedecken „Äh.. Hi Petra. Wusste gar nicht, dass du schon hier bist“

Die Flecken waren sehr groß und sehr viele. Die einzige Möglichkeit, die Flecken zu verstecken wäre, auf die Nacht zu warten und das Licht auszumachen. Ich schielte auf die Uhr. 14:00 im Juni. Das dauerte zu lange. Bis dahin hätte Petra die Flecken bemerkt. Sie hasste es, wenn ich mit Flecken im Pulli rumlief.

„Micha“, sagte sie in diesem lieblichen Tonfall „warum steckt da ein brennender Pfeil in der Wand?“

„Um den Luftballon steigen zu lassen, denk ich“ gab ich verlegen zurück.

„Und warum liegt hier überall Konfetti rum?“

„Ich... ähm... weiß nicht. Frag den Koala“

Ihr fragender Blick wanderte zum Koala, der in der Ecke hockte.

„Öhm... Überraschung“, sagte er.

„Und warum seid ihr beiden überhaupt in meiner Wohnung?“, fragte Petra.

Ich blieb ihr eine Antwort schuldig.

„Wie kommst du auf sowas?“, ist die Frage, die mir oft gestellt wird. Warum nicht? Warum kommst du nicht auch drauf? Ich bin nicht der erste Mensch der Welt, der es schafft, einen nagelneuen weißen Pulli mit Tomatensoße einzusauen. Ich bin auch nicht der einzige Mann, der je in der Friendzone bei einer jungen Frau gelandet ist und nicht der Einzige, der seine Eltern mit vierzehn unfassbar peinlich fand. Ich denke mir die Ideen zu meinen Liedern nicht aus. Ich finde sie. Oder sie finden mich. Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Also schaue ich mich um und überlege mir, wo ich dumme Erfahrungen, Missgeschicke und Peinlichkeiten so wenden kann, dass sie lustig werden. Das Leben spielt manchmal übel mit uns. Es ist voll. Mit. Mist. Wir alle erleben mal mehr und mal weniger Dinge, auf die wir genauso hätten verzichten können. Die Frage lautet nur: Wie gehen wird damit um?

Für mich ist das Leben zu schade, um bemitleidet, bedauert und abgewartet zu werden. Ich will mich lieber freuen. Und wenn mein Leben mir Mist vorsetzt, muss ich mich halt über Mist freuen.

„Wie kommst du auf sowas?“ ist die falsche Frage. Die wesentlich interessantere Frage, die ich mir stelle, ist: „Wie schaffst du es, aus Mist lustige Lieder zu machen, ohne dabei zum Zyniker zu werden?“

Ich habe Hoffnung und Hoffnung kann lachen. Verzweiflung lacht Fehler aus, aber Hoffnung lacht über Fehler. Sie steht darüber. Wenn das Leben mir Mist vor die Füße klatscht, lacht ihm meine Hoffnung ins Gesicht und fragt: „Ist das alles, was du drauf hast?“

Hoffnung lässt sich nicht durch Mist aus der Fassung bringen. Dazu hat Hoffnung ihre Wurzeln viel zu tief verankert. Jeder Mist ist vergänglich. Hoffnung ist ewig. Sie war bereits da, bevor es den Mist deines Lebens gab. Hoffnung hat einen Namen. Jesus. Als Jesus am Kreuz hing hat sein Tod alles ausgehebelt, was mir die Hoffnung nehmen will. Ich gehöre zu ihm. Dadurch verliert der Mist an Einfluss, denn was ist schon die paar Jahre auf der Erde im Gegensatz zur Ewigkeit.

Wie schaffe ich es also, Mist in lustige Lieder zu verwandeln?

Zugegeben: Keine Ahnung. Das musst du meine Hoffnung fragen.

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